Das Wirtschaftlichkeitsgebot – Leitplanke oder Hindernis?

Das Wirtschaftlichkeitsgebot – Leitplanke oder Hindernis?
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In der zahnärztlichen Praxis ist das Wirtschaftlichkeitsgebot ein ständiger, oft unbeliebter Begleiter. Doch was genau steckt dahinter? Und wie kann man dieses Gebot nicht nur einhalten, sondern auch zu seinem Vorteil nutzen? Werfen wir einen genaueren Blick auf den § 12 SGB V, der das Wirtschaftlichkeitsgebot regelt, und betrachten wir, wie diese Regelung im Praxisalltag angewendet werden kann.

Was sagt das Gesetz?

Der § 12 des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) legt klar fest:

 

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

 

Diese Formulierung macht eines deutlich: Das Wirtschaftlichkeitsgebot dient der Sicherstellung, dass die Ressourcen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verantwortungsvoll eingesetzt werden. In einem solidarischen Gesundheitssystem mit begrenzten Mitteln ist dies eine Notwendigkeit. Doch was bedeutet das für die Praxis?

Zwischen Frust und Chance

Viele ZahnärztInnen empfinden das Wirtschaftlichkeitsgebot als Einschränkung. Die Vorstellung, dass Leistungen nur im Rahmen des „Maßes des Notwendigen“ erbracht werden dürfen, kann frustrierend sein – insbesondere, wenn Honorarbescheide gekürzt werden oder Leistungen als unwirtschaftlich abgelehnt werden. Doch genau hier liegt auch eine Chance.

 

Fällt eine Leistung nicht unter die Kriterien „ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich“, bietet die private Abrechnung über die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) eine Alternative. Diese Möglichkeit eröffnet Zahnärzten die Freiheit, hochwertige, individuell abgestimmte Behandlungen anzubieten, die über das Grundangebot der GKV hinausgehen. Die Herausforderung liegt darin, diese Leistungen den Patienten transparent und verständlich zu kommunizieren.

Die Perspektive wechseln

Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist keine willkürliche Schikane, sondern eine notwendige Leitplanke. Es bietet Orientierung und hilft, zwischen der Grundversorgung und Zusatzleistungen zu unterscheiden. Patienten verstehen diese Trennung oft besser, als man denkt – insbesondere, wenn die Vorteile einer privaten Zusatzleistung nachvollziehbar erklärt werden.

 

Ein Beispiel: Ein Patient benötigt eine Wurzelkanalbehandlung an einem schwer zu erreichenden Molaren mit gekrümmten und sehr engen Wurzelkanälen. Die Kassenleistung deckt eine Basisbehandlung ab, die unter schwierigen Bedingungen jedoch an ihre Grenzen stoßen kann oder die Extraktion des Zahnes vorsieht. Um eine präzisere und nachhaltigere Behandlung zu gewährleisten und einen Zahnrettungsversuch zu unternehmen – etwa durch den Einsatz von OP-Mikroskop und anderen hochmoderner Behandlungsmethoden – kann die Abrechnung über die GOZ erfolgen. Die Entscheidung liegt letztlich beim Patienten – die Aufgabe des Behandlers / der Behandlerin ist es, die Vorteile und Kosten der Optionen transparent darzustellen.

Andere Branchen, ähnliche Herausforderungen

Das Wirtschaftlichkeitsgebot – Leitplanke oder Hindernis?

Einschränkende Vorschriften sind übrigens kein Alleinstellungsmerkmal der Zahnmedizin. Handwerksbetriebe arbeiten mit strengen Umweltauflagen, der Einzelhandel kämpft mit umfangreichen Vorschriften im Lebensmittelbereich, und auch im Verkehr sorgen Tempolimits und andere Regeln für klare Grenzen. Diese Regelwerke dienen alle einem ähnlichen Zweck: Sicherheit und Nachhaltigkeit in ihren jeweiligen Bereichen zu gewährleisten.

 

Was erfolgreiche Unternehmen in diesen Branchen auszeichnet, ist ihr Umgang mit den Regeln. Sie nutzen sie als Rahmen, um sich von der Konkurrenz abzuheben und ihre Stärken zu betonen.

Wie du das Wirtschaftlichkeitsgebot zu deinem Vorteil nutzen kannst

Hier ein paar Strategien, um das Wirtschaftlichkeitsgebot in deiner Praxis positiv umzusetzen:

1. Effiziente Prozesse schaffen:

Nutze die Vorgaben als Anlass, deine Abläufe zu optimieren. So stellst du sicher, dass deine Praxis wirtschaftlich arbeitet und dennoch hohe Qualitätsstandards bietet.

2. Patientenkommunikation verbessern:

Erkläre deinen PatientInnen die Unterschiede zwischen Kassen- und Privatleistungen. Transparenz schafft Vertrauen und erleichtert Entscheidungen.

3. Teamarbeit stärken:

Dein Team spielt eine entscheidende Rolle dabei, die Vorteile privater Leistungen zu vermitteln. Wenn alle an einem Strang ziehen, wird diese Botschaft glaubwürdig.

4. Selbstbewusst auftreten:

Glaube an den Wert deiner Arbeit. Patienten merken, wenn du hinter deinen Leistungen stehst.

Fazit: Dein Kompass in der Praxis

Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist kein Hindernis – es ist dein Kompass, der dir hilft, den Weg zwischen Grundversorgung und individueller Behandlung zu navigieren. Nutze diese Leitplanke, um deiner Praxis Struktur zu geben und deinen Patienten die bestmögliche Versorgung zu bieten. Die Freiheit beginnt dort, wo die Grundversorgung endet – und die Chancen fangen genau hier an.

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