Ein Jahr nachdem der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) festgelegt hatte, dass die Unterkieferprotrusionsschiene zukünftig Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung werden soll, ist nun seit Mitte November der lang erwartete Beschluss für die Aufnahme der Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe mittels Unterkieferprotrusionsschiene (UKPS) in den BEMA gefasst. Der Bewertungsausschuss hat auch die dazugehörigen BEMA und BEL II Positionen vorgestellt und um diese soll es heute auch hier im neuen Blogbeitrag gehen. Die entsprechend geänderte Behandlungsrichtlinie war bereits am 30.07.2021 in Kraft getreten, nur einen Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger. Die neuen Gebührennummern fügen sich in Teil 2 des Einheitlichen Bewertungsmaßstab ein, der umbenannt wird in „Behandlungen von Verletzungen des Gesichtsschädels (Kieferbruch), Kiefergelenkserkrankungen (Aufbissbehelfe) und obstruktive Schlafapnoe „Unterkieferprotrusionsschiene“.
Welche Voraussetzungen sind geplant?
Die Behandlung ist ausschließlich im Rahmen einer kooperativen vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung möglich.
Welche Patient:innen kommen ab Januar für diese Behandlung in Frage?
Grundsätzlich heißt es in dem Beschluss, dass erwachsene GKV Patient:innen dann Anspruch auf die neuen Leistungen haben, wenn bei ihnen eine behandlungsbedürftige Schlafapnoe anhand der Stufendiagnostik festgestellt wurde und die Überdrucktherapie im Schlaflabor nicht erfolgreich durchgeführt werden kann.
Überweisung von Vertragsarzt an Vertragszahnarzt
Indikationsstellung und Therapie erfolgen durch einen Vertragsarzt oder eine Vertragsärztin, der/die über eine kassenärztliche Genehmigung nach der Qualitätssicherungsvereinbarung gemäß §135/2 SGB V zur Diagnostik und Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen verfügt.
Die Stufendiagnostik zur Feststellung der Notwendigkeit einer vertragsärztlichen Behandlung der OSA (obstruktive Schlafapnoe) existierte bereits und wurde um die Therapieoption der UKPS (Unterkieferprotrusionsschiene) erweitert.
Das bislang im Bundesmantelvertrag für Ärzte verankerte Überweisungsverbot an Zahnärzte ist zum 01.07.2021 gestrichen worden. Ein spezielles Formular für die Überweisung von Arzt an die Zahnarztpraxis ist nicht vorgesehen, jedoch wurde die Schriftform vereinbart.
Der Zahnarzt versorgt nach Vorlage der Überweisung (und ggf. konsiliärischer Erörterung) den/die Patient:in nach Ausschluss etwaiger zahnmedizinischer Kontraindikationen (zum Beispiel eingeschränkte Mundöffnung, Vorliegen von Kiefergelenksstörungen oder eingeschränkter Unterkiefer Protrusionsbeweglichkeit) mit einer zahntechnisch individuell angefertigten und adjustierbaren Unterkieferprotrusionsschiene (UKPS).
Das sind die neuen BEMA Positionen und ihre Bewertungspunkte:
UP1 ‒ Untersuchung zur Versorgung mit einer Unterkieferprotrusionsschiene einschließlich Beratung (27 Punkte)
UP2 ‒ Abformung und dreidimensionale Registrierung der Startprotrusionsposition (49 Punkte)
UP3 ‒ Eingliedern einer Unterkieferprotrusionsschiene (223 Punkte)
UP4 ‒ Nachadaption des Protrusionsgrads (10 Punkte)
UP5 ‒ Kontrollbehandlung
a) ggf. mit einfachen Korrekturen der UP – 8 Punkte
b) mit Einschleifen der Stütz- und Gleitzonen einer UP (subtraktive Methode) – 12 Punkte
c) Mit Aufbau der Stütz- und Gleitzonen einer UP (additive Methode) – 25 Punkte
UP6 ‒ Maßnahmen zum Wiederherstellen der Funktion oder zur Erweiterung einer Unterkieferprotrusionsschiene
a) kleinen Umfangs (ohne Abformung) – 25 Punkte
b) größeren Umfangs (mit Abformung) – 42 Punkte
c) Teilunterfütterung einer UKPS – 37 Punkte
d) Wiederherstellung eines einzelnen oder mehrerer Halte- oder Stützvorrichtungen – 19 Punkte
e) Wiederherstellung eines einzelnen oder mehrerer Protrusionselemente – 19 Punkte
Welches Honorar erhalten Zahnärzte für die UKPS?
Die genannten Leistungen ergeben also von der Erstuntersuchung und Beratung bis hin zur einfachen Kontrolle ein zahnärztliches Honorar von ca. 380€. Sollte eine konsiliarische Erörterung zweier Ärzte zusätzlich erfolgen, kann zu Lasten der GKV zusätzlich die Bema Nr. 181a/b und ggf. der Technikzuschlag für Videosprechstunde berechnet werden.
Die professionelle Reinigung der UK Protrusionsschiene die evtl. im Rahmen späterer Kontrollsitzung oder Wiederherstellungen notwendig wird, kann nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse abgerechnet werden. Hier findet die Privatabrechnung (ähnlich wie bei der Prothesen-/Schienenreinigung) Anwendung. Die Reinigung erfolgt immer extraoral und kann sowohl chairside als auch im Praxislabor oder gewerblichen Labor erbracht werden. Die Berechnung sollte demnach als zahntechnische Leistung gemäß §9 GOZ erfolgen.
Evaluierung
Im Beschluss des Bewertungsausschusses für zahnärztliche Leistungen ist vorgesehen, die Abrechnungszahlen der neuen Bema Positionen im Rahmen des Abrechnungsvolumen aus den Jahren 2022 und 2023 zu betrachten.
Ganz besonderes Augenmerk wird auf die Entwicklung der Fallzahlen der Bema Nr. UP3 gelegt werden. Nach Auswertung der von der KZBV vorgelegten Zahlen wird der Bewertungsausschuss über mögliche Konsequenzen beraten.
Dokumentation
Entsprechend ist auch hier die sorgfältige Dokumentation der Indikation und die einzelnen Therapieschritte erforderlich.
Mein Dokumentationsvorschlag zur Bema Nr. „UP1 Untersuchung zur Versorgung mit einer Unterkieferprotrusionsschiene einschließlich Beratung“
- Untersuchung des Patienten erfolgt auf Veranlassung eines zugelassenen Vertragsarztes, Überweisung liegt vor (archivieren/einscannen)
- Klinische Untersuchung des Patienten auf Versorgungsfähigkeit mit UKPS
- Ausschluss zahnmedizinischer Kontraindikationen (diese ggf. benennen)
- Feststellung einer ausreichenden Fähigkeit der Mundöffnung, ausreichender UK Protrusionsbeweglichkeit, ausreichende Verankerungsmöglichkeit der Schiene
- Ausschluss der Versorgung entgegenstehender Kiefergelenksstörungen
- Beratung des Patienten über die geplante Therapie, ggf. Alternativen und Erfolgsaussichten bei entsprechender Mitarbeit
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Unterkieferprotrusionsschiene im zahntechnischen Labor
Natürlich gehören zur Herstellung der UKPS auch die zahntechnischen Leistungen. Die neuen BEL II Positionen kannst du hier im entsprechenden Blogbeitrag „Zahntechnische Leistungen zur UKPS“ nachlesen.
Pingback: ePA - BEMA Abrechnung - Abrechnungsfuchs
Hallo,
kann man die UP1 auch abrechnen, wenn dann dabei rauskommt, dass der Patient nicht für eine UKPS geeignet ist?
Danke für die Einschätzung.
Hallo Christina, danke für deine Frage. Ich kann diese ganz klar mit JA beantworten. Der ZA / die ZÄ ist im Rahmen der UP1 dazu verpflichtet, etwaige Kontraindikationen durch Untersuchung des Patienten / der Patientin festzustellen. Sollte zum Beispiel keine ausreichende Mundöffnung vorhanden sein, kann die UKPS nicht angefertigt werden. Die Untersuchung nach UP1 hat dann aber stattgefunden und kann entsprechend auch abgerechnet werden.
Ganz liebe Grüße, Sandra
Hallöchen,
kann man die UP1 auch dann abrechnen wenn der überweisende HNO Arzt nicht die entsprechende Qualifikation hat und aber trotzdem eine Überweisung ausstellt um bei ZA abzuklären zulassen ob eine UKPS möglich und sinnvoll wäre?
Nein, dazu würde ich nicht raten. Die Überweisung darf überhaupt nur mit der entsprechenden Qualifikation und nach vorausgegangenem Ausschluss möglicher Überdrucktherapie (Maske) ausgestellt werden. Stellt die jemand aus, ohne dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, würde ich mit einer Streichung der Bema Leistungen rechnen. Liebe Grüße, Sandra
Hallo Sandra wie rechne ich eine UKPS beim GOZ Pat. ab? Alles analog? MfG Jane
Hallo Jana, danke für deine Frage. Hier ein Auszug aus dem dazu passenden Beschluss des Beratungsforums für Gebührenordnungsfragen: Die Eingliederung einer Protrusionsschiene, z. B. zur Behandlung einer Schlafapnoe, stellt eine selbstständige Leistung dar und wird gemäß § 6 Abs. 1 GOZ analog berechnet. Der PKV-Verband und die Beihilfeträger halten als Analoggebühr die GOZ-Nr. 7010 (Eingliederung eines Aufbissbehelfs mit adjustierter Oberfläche) für angemessen.
Liebe Grüße, Sandra
Hallo
Darf man eigentlich zusätzlich zur UP2 für die Abformung den Pauschbetrag von 3 Euro abrechnen?
Die Abformpauschale gilt hier nicht – man berechnet die tatsächlich anfallenden Kosten für die erforderlichen Abformmaterialien.
LG Sandra